„Ausgangspunkt meiner Malerei ist der unmittelbare sinnliche Reiz der Farbsubstanz, der Reiz der Farbe in Verbindung mit Ihrer saftigen Materialität“, so der Maler Oliver Christmann, dessen farbstarke, gegenstandslose Arbeiten vom 12. Mai bis 2. Juni 2023 in der Galerie Beck zu sehen sind.
Trotz oder gerade im Kontrast zur klaren und strengen Bildordnung, werden die sinnlichen Qualitäten von Malerei spürbar. Das haptische Farbmaterial, der Arbeitsprozess der Spuren hinterlässt und eine Farbräumlichkeit von überlagernden Schichten bleiben in den Bildern sichtbar. Durch das Verwischen und Verschmieren der Farbe entstehen reiche, vielfältige Farbstrukturen, die ein weites Spektrum an Farbzuständen abbilden. Weiche Übergänge harte Kanten, Farbschlieren usw. Die Farbe wird zum sinnlichen Erlebnis.
Neben der rein sinnlichen Wahrnehmung der sichtbaren Farbe als Material auf der Leinwand, eröffnen diese malerischen Qualitäten weitere Wahrnehmungsebenen des Bildes. So kann die dichtere Farbfläche so wahrgenommen werden, dass Sie geheimnisvoll etwas verbirgt. Es können aber auch Beziehungen zur sichtbaren Realität hergestellt werden. Durch die Überlagerungen beim Farbauftrag und die Verwischungen der Farbe entsteht, auf bildnerischer Ebene, so etwas wie Atmosphäre, was auch Bezüge zur sichtbaren Wirklichkeit erlaubt. Assoziationen zu Geschwindigkeit, Nebel, Wasserflächen oder von Laub beschattetet Flächen entstehen.
Die strukturierte Bildordnung gliedert und ordnet die Farberscheinungen und sorgt, trotz der heftigen Farbkontraste für Ruhe und Klarheit in der Bildwirkung.
Im gesamten Arbeitsprozess und auch in der formalen Ausführung der abgeschlossenen Bilder geht es dem Maler um einen Ausgleich oder eine Ergänzung von Strenge, Klarheit, Rationalität im Gegensatz zu Irrationalität, Freiheit, Spontanität. Diese beiden Pole ergänzen sich und durchdringen sich in seinen Arbeiten. Dieser Gegensatz, bzw. Versuch eines spannungsvollen Gleichgewichtes zwischen Konstruktion und Intuition, spielt sich nur im Bereich der Malerei, auf der Leinwand ab, ist aber auch, für den Betrachter bewusst oder unbewusst, übertragbar auf menschliche Befindlichkeiten. Vielleicht könnte man darin einen spannungsvollen Ausgleich zwischen dem apollinischen, bestimmt durch Form und Ordnung, und dem dionysischen Prinzip, bestimmt von rauschhafter Ekstase sehen.
Oliver Christmann wurde 1960 in Heilbronn geboren. Nach einem Jahr an der Freien Kunstschule Stuttgart studierte er von 1982-88 Malerei an der Staatlichen Akademie der bildenden Künste in Stuttgart bei den Professoren Grau und Haegele. !995 erhielt er ein zweijähriges Atelierstipendium der Kunstakademie Stuttgart. 1998 ermöglichte ihm ein Arbeitsstipendium der Walter Bischoff Galerie aus Stuttgart einen Aufenthalt in San Jose, Kalifornien. Seit 1982 stellt er regelmäßig aus, u.a. 2011 im Deutschen Generalkonsulat von New York. Er ist und war bei namhaften Galerien vertreten.